Bevor am 17. Mai 2025 die 3. Mitteldeutsche Selbsthilfekonferenz in Leipzig stattfindet, haben vier Online-Impulse stattgefunden, bei denen sich um die 100 Teilnehmende bereits thematisch auf die Konferenz eingestimmt haben.
Angebote des Integrationsfachdienstes
In dem ersten Online-Impuls „Arbeitnehmer*in mit Behinderung oder (chronischer) Erkrankung – Meine Rechte, Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten“ haben Katrin Diener und Dörte Schieferdecker einen Einblick in die Angebote des Integrationsfachdienstes Leipzig gegeben. Dieser bietet Beratung zur Begleitung und Sicherung bestehender Arbeitsverhältnisse, indem die aktuelle Situation analysiert und eine bedarfsgerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes erörtert wird. Außerdem unterstützt der Integrationsfachdienst nach Langzeiterkrankung sowie bei drohender Kündigung. Das Ziel sei immer, den Arbeitsplatz nachhaltig zu erhalten. Integrationsfachdienste gibt es in allen deutschen Bundesländern. Meist sind sie in größeren Städten angesiedelt und betreuen auch die umliegenden kleineren Städte und Gemeinden.
Barrieren im Alltag
André Winkler von der Beratungsstelle für barrierefreie Mobilität beim Behindertenverband Leipzig stellte im zweiten Online-Impuls „Unterwegssein im öffentlichen Raum – Umgang mit Barrieren für Menschen mit körperlichen und psychischen Einschränkungen“ das Projekt „Wegweiser barrierefreies Leipzig“ vor. Dabei wurde die Barrierefreiheit von über 2000 Einrichtungen und Gebäuden in Leipzig erfasst und veröffentlicht. Wichtig sei, bei dem Thema Barrierefreiheit nicht nur auf bauliche Aspekte zu achten, sondern auch sensorische, kognitive und soziale Barrieren zu berücksichtigen. Denn diese unsichtbaren Barrieren werden häufig nicht beachtet oder unterschätzt. Dazu zählen zum Beispiel:
- Reizüberflutung als sensorische Mauer
- fehlende Rückzugsorte als Barriere der Sicherheit
- Stigmatisierung und Unverständnis als soziale Mauer
- Kommunikative Überforderung als Barriere des Verstehens
- Angstauslösende Umgebungen als emotionale Mauer
Um auf all diese Barrieren aufmerksam zu machen empfiehlt André Winkler, mit Stadtteilspaziergängen oder Sensibilisierungsworkshops die Barrieren in der Kommune zu erfassen. Auch Öffentlichkeitsaktionen können helfen, um kreativ auf Barrieren aufmerksam zu machen.
Mit Resilienz zu mehr Selbstwirksamkeit
In dem dritten Online-Impuls „Mich selbst und meine eigenen Interessen vertreten: Von der Selbststärkung hin zur Selbst- und Mitbestimmung“ hat Ina Bogisch vom Psychosozialen Trägerverein Sachsen Impulse zu Resilienz und Kraftquellen im Alltag gegeben. Um aus Krisen gestärkt herauszukommen, brauche es Resilienz. Dabei spielen äußere Faktoren wie soziale Netzwerke und die Familie eine Rolle, aber auch innere Faktoren wie die Stressverarbeitung und Selbstregulation. Wichtig dabei: Auch wenn unsere Resilienz unterschiedlich ausgeprägt ist, ist sie erlernbar. Oftmals sei es schwierig, die eigenen Stärken zu sehen. Aber jeder Mensch hat Stärken und müsse dazu ermutigt werden, diese in den Blick zu nehmen und die eigenen Ressourcen zu aktivieren. Ina Bogisch ermutigt dazu, sich die sieben Säulen der Resilienz genau anzuschauen und zu überlegen, welche Bereiche bei einem selbst schon gut ausgeprägt und welche noch ausbaufähig sind. Die sieben Säulen der Resilienz sind:
- Akzeptanz
- Selbstwirksamkeit
- Realistischer Optimismus
- Lösungsorientierung
- Selbstregulation
- Beziehungsnetzwerk
- Zukunftsorientierung
Immer wieder die eigenen Ressourcen und Stärken in den Blick zu nehmen, helfe dabei, das eigene Selbstwertgefühl und die Selbstwirksamkeit zu stärken.
Soziale Beziehungen als Stütze
Prof. Dr. Nina Weimann-Sandig von der Ev. Hochschule Dresden erläuterte im vierten Online-Impuls „Gemeinsam stark: Warum soziale Beziehungen bei (chronischen) Erkrankungen und Behinderungen so wichtig sind“ die Rolle von Familie und Freundschaft in Bezug auf chronische Erkrankungen. Soziale Beziehungen seien für jeden Menschen wichtig, aber gerade bei Erkrankungen komme ihnen noch eine bedeutendere Rolle zu. Sie geben Stabilität und Sicherheit in unsicheren Lebenssituationen. Sie vermitteln das Gefühl, nicht allein zu sein und schenken Hoffnung. Mit der Intensität und dem Fortschreiten der Erkrankung sei es allerdings immer schwieriger, soziale Beziehungen aufrechtzuerhalten.
Soziale Beziehungen sind nicht nur für die Erkrankten selbst eine wichtige Stütze, sondern auch für Angehörige. Hier bestehe ebenfalls die Gefahr des sozialen Rückzugs durch physische und psychische Erschöpfung aufgrund des Pflegeaufwands, der Konzentration auf das Familiensystem sowie durch Schuldgefühle, wenn man sich mal Zeit für sich selbst oder für soziale Kontakte nimmt. Das erhöhe das Risiko für Depressionen und Angststörungen und vermindere die Resilienz. Hilfreich sei es dann, sich externe Unterstützung zu suchen und sich mit anderen Angehörigen auszutauschen, zum Beispiel in Selbsthilfegruppen.
Die vier Online-Impulse haben bereits viele Anregungen zu den jeweiligen Themen gegeben. Während der 3. Mitteldeutschen Selbsthilfekonferenz kann sich in den Gesprächsforen noch intensiver über diese Themen ausgetauscht werden.